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Familienrecht

Social Media und Sorgerecht

Familienrecht:  Eltern sind nur eingeschränkt für Nutzung der sozialen Medien ihrer minderjährigen Kinder verantwortlich

In einem Sorgerechtsverfahren vertraten wir eine alleinerziehende, berufstätige Mutter, der im Wesentlichen zum Vorwurf gemacht wurde, sie sei  nicht in der Lage, die Mediennutzungszeiten ihres 15 jährigen Sohnes zu kontrollieren. Das exzessive chatten und zocken hatte nach der Auffassung des Jugendamtes zur Folge, dass der Sohn in der Schule zunehmend unaufmerksam und müde wirkte, was – als das Kind mehrfach im Unterricht eingeschlafen war – letztlich sogar zu einem vorläufigen Entzug u. a. des Aufenthaltsbestimmungsrechts führte.

Im Rahmen des Verfahrens stellte sich also vordergründig die Frage wie Eltern auf das Verhalten ihrer jugendlichen Kinder in Bezug auf Mediennutzung noch Einfluss nehmen können und müssen. Beispielsweise ist es ein bekanntes Phänomen, das Kinder Instagram, Snapchat und WhatsApp nutzen, ohne dass dafür vorgeschriebene Alter erreicht zu haben. Hier sollte man meinen, dass Eltern in der Pflicht sind, auf die Einhaltung der Altersgrenzen zu achten. Gleichzeitig gilt: Wie Kinder ab 13 Jahren die sozialen Medien nutzen, dürfen Mütter und Väter nicht kontrollieren. „Die Persönlichkeitsrechte des Kindes wiegen in diesem Fall schwerer als die Erziehungsrechte der Eltern“, sagt Swen Walentowski, Pressesprecher des Deutschen Anwaltverein. Mit zunehmendem Alter und wachsender Eigenverantwortlichkeit des Kindes schwinden also die Einfluss möglichkeiten der Eltern – was bleibt ist der Anspruch, dass das Ergebnis stimmt. Kein Desinteresse am „echten Leben“, kein Cybermobbing, keine übermäßige Nutzung. Für dieses Ergebnis braucht es nicht nur Zeit, Motivation und Nerven der Eltern sondern auch jede Menge Glück. Glück, dass das jeweilige Kind seiner Eigenverantwortung gerecht werden kann und will.

Für die alleinerziehende Mutter kam erschwerend hinzu, dass von ihr unterhaltsrechtlich verlangt wurde, in Vollzeit zu arbeiten. Neben ihrem Full-Time-Job wird erwartet, dass sie durch attraktive Freizeitangebote und umfassende Aufmerksamkeit gewährleistet, dass ihr hochpubertärer Sohn einen objektiv gesunden und ausgewogenen Lebenswandel pflegt.

Glücklicherweise konnte im Laufe des Verfahrens allen Beteiligten vor Augen geführt werden, dass die Konsequenz in diesem Fall nicht darin bestehen kann, der arbeitenden, liebevollen Mutter das Kind zu entziehen um eben dieses Kind anschließend in einer weitaus unpersönlicheren Form fremdzubetreuen. Der Mutter wurde eine sozialpädagogische Familienhilfe zur Seite gestellt, welche sie bei der Umsetzung neu erarbeiteter Regeln unterstützt. Die entzogen Teilbereiche der elterlichen Sorge wurden rückübertragen.

Nie stehen die Wünsche und Rechte der Kinder in einem krasseren Gegensatz zu den Pflichten der Eltern als in den Hochphasen der Pubertät. Umso entscheidender ist es, Eltern nicht vorzuverurteilen wenn sich die Kinder nicht „normgerecht“ verhalten, sondern vielmehr vorhandene Bemühungen zu würdigen und ggf. zielführende Unterstützung zu gewährleisten.

Auf keinen Fall darf, wie zunächst geschehen, von einem Fehlverhalten der Kinder automatisch auf eine fehlende Erziehungsfähigkeit der Eltern geschlossen werden. Im Gegenteil: der elterlichen Sorge ist soweit möglich immer Vorrang zu gewähren und ausschließlich dann, wenn keine mildere Mittel zur Verfügung stehen, darf über einen Entzug der elterlichen Sorge in Teilbereichen oder in Gänze nachgedacht werden.