20-Stunden-Woche als Standard bei fehlender Arbeitszeitvereinbarung?
Kürzlich hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) darüber entschieden, dass bei einer fehlenden konkreten Arbeitszeitvereinbarung in einem Arbeitsverhältnis mit Arbeit auf Abruf generell eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart gilt.
Ist in einem Teilzeitarbeitsvertrag keine feste Stundenzahl geregelt, so muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer folglich mindestens 20 Stunden in der Woche beschäftigen. Tut der Arbeitgeber dies nicht, so müssen die „fehlenden“ Stunden trotzdem vergütet werden. Wir helfen betroffenen Mandanten bei der Durchsetzung dieser Ansprüche, welche grundsätzlich drei Jahre lang rückwirkend geltend gemacht werden können.
Im zugrunde liegenden Fall stritten die Parteien über die regelmäßige Arbeitszeit im Arbeitsverhältnis. Die klagende Arbeitnehmerin war bei der beklagten Arbeitgeberin auf Abruf gemäß dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) beschäftigt. Dabei war Samstagsarbeit freiwillig und wurde nicht zur wöchentlichen Regelarbeitszeit gezählt. Zwischen Januar 2017 und Dezember 2019 arbeitete die Klägerin durchschnittlich 103,2 Stunden pro Monat. Nachdem ab Januar 2020 die Samstagsarbeit wegfiel, reduzierte sich der Umfang der Abrufarbeit. Trotzdem verlangte die Klägerin, auch ab Januar 2020 regelmäßig 103,2 Stunden pro Monat beschäftigt zu werden.
Die Beklagte hielt dem entgegen, dass ohne spezifische Vereinbarung eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als festgelegt gelte. Sie hielt es für willkürlich, die durchschnittliche Arbeitszeit der Vergangenheit heranzuziehen, und forderte, dass die freiwillige Samstagsarbeit bei der Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit nicht berücksichtigt wird.
Das BAG entschied zugunsten der Arbeitgeberin und wies die Klage der Arbeitnehmerin ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass bei der Arbeit auf Abruf grundsätzlich eine klare wöchentliche Arbeitszeit festgelegt werden muss, wozu der Arbeitsvertrag der Klägerin keine Regelung enthielt. Eine stillschweigende Vereinbarung einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden lehnte das BAG ebenfalls ab: Es gibt keine Gesetzeslücke, die eine ergänzende Vertragsauslegung zulassen würde, da der Gesetzgeber diese Fälle ausdrücklich geregelt hat (§ 12 Abs. 1 S.2 TzBfG). Die bloße Tatsache, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über 20 Stunden wöchentlich beschäftigte, bedeutet nicht, dass die Arbeitszeit automatisch erhöht wird. Das Verhalten des Arbeitgebers hat keine rechtliche Bedeutung dafür, dass er sich dauerhaft zur Gewährung einer höheren Arbeitszeit verpflichten will. Gleiches gilt umgekehrt für die Bereitschaft des Arbeitnehmers, vorübergehend mehr zu arbeiten: Auch wenn dieser mehr arbeitet als geschuldet, so kann nicht einfach angenommen werden, dass er sich dauerhaft in einem höheren zeitlichen Umfang binden will.